Den Effekt, dass mich etwas in der Landschaft Lauerndes oder Gegenstände und Muster scheinbar anglotzen, kenne ich schon aus Kindertagen. Meine erste Erinnerung geht dabei auf das stille Örtchen im Elternhaus zurück, dessen Fliesenboden bei intensivem, detailliertem Betrachten plötzlich zum Leben erweckt wurde. Da versteckten sich eines Tages doch tatsächlich Monstergesichter, die partout nicht mehr verschwinden wollten; man konnte sie ab Entdeckung nicht mehr nicht sehen!
Dass es für diesen Begriff einen Namen gibt, und es andere gibt, die ebenfalls Vergnügen daran finden diese Motive zu jagen und zu sammeln, lernte ich erst vor ein paar Jahren.
Wikipedia erklärt den Begriff Pareidolie so:
„Pareidolie (altgriechisch παρά para, deutsch ‚daneben‘, ‚vorbei‘ und εἴδωλον eídolon, deutsch ‚Form‘, ‚Erscheinung‘, ‚(Trug-)Bild‘, ‚Schattenbild‘, theologisch auch ‚Götzenbild‘) bezeichnet das Phänomen in Dingen und Mustern vermeintliche Gesichter und vertraute Wesen oder Gegenstände zu erkennen.“
Letztendlich sind Pareidolien also Fehldeutungen des Gehirns, und das Phänomen kann als Variante der „Clustering Illusion“ (übrigens auch ein interessantes Thema, siehe Wikipedia) aufgefasst werden.
Die gute Nachricht: Es ist nicht krankhaft und klar abgegrenzt zu Halluzinationen, aber je nach Fähigkeit Details zu sehen, ist es in der bewussten Wahrnehmung durchaus ansteckend!
Da das Resultat der Fehldeutung wohl auch willentlich gesteuert kann, kam bei mir die ganze Sache nach der Benennung des Phänomens erst so richtig in Schwung. Inzwischen habe ich eine große Sammlung verschiedener Motive, und viele davon haben mich beim Erwischen und nachträglichem Betrachten zum Lachen gebracht.
Auch in der Kunst findet sich eine Verbindung zur Pareidolie als kreativer Impuls.
„Bereits im 15. Jahrhundert sprach Leonardo da Vinci davon, wie verwitterte, fleckige oder nasse Mauern ihn inspirierten, und regte an, der Betrachter solle Berge, Ruinen, Figuren und ganze Schlachten bei ihrem Anblick erfinden.“ (Zitat Wikipedia).
Möglicherweise ist durch die bewusste Beschäftigung mit dem Thema meine Präferenz entstanden, meine comichaften Charaktere leicht absurd in die fiktive Kamera glotzen zu lassen.
In dem Thema steckt für mich auch eine Verbindung zur Zeichentechnik.
Zeichnen kann man in gewisser Weise erlernen. Ein Weg kann sein, dass man gezielt übt, sehr präzise hinzugucken; so als würde man das Objekt Schritt für Schritt abscannen. Dabei geht der Blick auch immer wieder zurück auf‘s Ganze, so dass sich Proportion und Struktur des Objekts abstrahieren lassen. Aber vor der Abstraktion steht die Wahrnehmung aller Details!
Es gibt Menschen, die diesen Detailblick nicht trainieren müssen, denn ihr Blick fällt automatisch dahin, wo andere erst viel später oder gar nicht hingucken.
Vielleicht sind es diese Exemplare mit dem zwanghaftem Blick auf’s Detail, die besonders anfällig für die überall lauernden Augen in dieser Welt sind.
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